Wie war das damals?

Geschichtskurs der Albert-Schweitzer-Schule erstellt eine Broschüre über Flucht und Vertreibung

Schülerinnen und Schüler der Albert-Schweitzer-Schule erstellen eine Broschüre über Flucht und Vertreibung. Dazu befragten sie Zeitzeugen und recherchierten in der Stadtbibliothek.

Zu dem Thema „Flucht und Vertreibung“ hat der KOP-Kurs Geschichte der E-Phase der Albert-Schweitzer-Schule unter der Leitung von Oberstudienrat Michael Rudolf beschlossen, eine Broschüre anzufertigen. Um mehr über das Thema zu erfahren, besuchte der Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen Siegbert Ortmann die Schülerinnen und Schüler und berichtete über Flucht und Vertreibung damals und heute. Außerdem recherchierten die Schülerinnen und Schüler in der Stadtbibliothek.

Siegbert Ortmann, der früher Rechtsanwalt und Notar gewesen ist, eröffnete seinen Vortrag mit ein paar Fakten über sich. Er studierte Jura in Saarbrücken, Marburg und Würzburg. Außerdem ist Siegert Ortmann auch politisch engagiert.
Der Zeitzeuge wurde 1940 in Pilsen, einer Stadt im heutigen Tschechien, geboren. Doch als 1945 die Potsdamer Konferenz tagte, war ein Beschluss des Potsdamer Abkommens, dass alle Deutschen aus den Ostgebieten und Osteuropa umgesiedelt werden mussten. Es konnten nur Menschen bleiben, deren Berufe wichtig waren. Jeder bekam ein Armband an, auf dem eine Zahl stand. Schließlich wurden die Menschen auf Viehwagen zu dem Bahnhof gebracht. So kam auch Siegbert Ortmann mit seiner Familie mit einem Zug über Bamberg und Fulda nach Lauterbach. In einem Wagen wurden ungefähr 40 Menschen transportiert. Am Lauterbacher Nordbahnhof angekommen, wurden die Menschen mit einem Spritzmittel von Läusen befreit. Für die nächsten drei Nächte kam die Familie mit 300 Menschen in einer Turnhalle unter. Nach dieser langen Reise wurden die Familien in andere Dörfer gebracht. Die Familie von Siegbert Ortmann kam beispielsweise nach Schadges. Insgesamt kamen 48 Züge mit Menschen am Bahnhof in Lauterbach an, von denen 13.000 Menschen in Lauterbach geblieben sind. Noch heute gebe es eine Liste, auf der alle Namen der Menschen stehen, die damals gekommen sind, sagte Ortmann. Zwischen der Flucht und Vertreibung heute und früher, so Ortmann, gebe es Parallelen aber auch Unterschiede.

Nach diesem Vortrag besuchten die 18 Schülerinnen und Schüler in der nachfolgenden Woche die Stadtbibliothek Alsfeld. Zuerst bekamen die jungen Leute eine Einführung in die Online-Bibliothek, in der man auch viel zu dem Thema lesen konnte. In kleineren Gruppen recherchierten die Kursteilnehmer zu verschieden Themenbereichen. Die Albert-Schweitzer-Schule Alsfeld hat einen Kooperationsvertrag mit der Stadtbibliothek, welcher diese Buchrecherche möglich macht. Auch die Unterrichtsmöglichkeiten „außerschulische Lernorte“ und „forschend-entdeckendes Lernen“ werden dadurch gefördert.
Die Broschüre mit dem Schwerpunkt Alsfeld und Umgebung soll im Herbst fertiggestellt werden und umfasst drei Teile. Der erste Teil wird eine allgemeine Einführung, der zweite Teil wird die Flucht und Vertreibung thematisieren und der dritte Teil die Zeitzeugen- und Expertenbeiträge enthalten. Gestaltet werden die Teile zusätzlich mit Bildern, und es werden in den Texten der Broschüre unterschiedliche Quellen wie die Staatsarchive und das Stadtarchiv genutzt. Die Broschüre ist ein Teil des Beitrages der Schule zu den Feierlichkeiten anlässlich 800 Jahre Stadtrechte in Alsfeld.

Text und Bilder: Jörn Sündermann, Presse-AG